Kündigungsgründe gibt es viele. Hat sich der Arbeitgeber aber einmal für einen Grund zur Kündigung entschieden, kann er diese nicht plötzlich auf einen anderen stützen.
Eine Arbeitgeberin wollte sich von einer Mitarbeiterin trennen. Gründe hatte sie aus ihrer Sicht genug: Es lagen sowohl betriebsbedingte als auch verhaltensbedingte Gründe vor. Tatsächlich kündigte die Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin aufgrund des Verhaltens. Gegen diese Kündigung klagte die Arbeitnehmerin. Während des Kündigungsschutzprozesses stützte sich die Arbeitgeberin dann plötzlich auch auf betriebsbedingte Gründe. Doch so einfach geht das nicht.
Die Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen war unwirksam, da zunächst eine Abmahnung hätte ausgesprochen werden müssen. Und auf betriebsbedingte Kündigungsgründe durfte sich die Arbeitgeberin nicht mehr stützen. Ein Auswechseln der Kündigungsgründe ist nicht zulässig, da dieser Vorgang dadurch einen völlig anderen rechtlichen Charakter erhalten hätte.
Hinweis: Die Arbeitgeberin hätte vorsorglich eine weitere Kündigung aus betriebsbedingten Gründen nachschieben können. Diese hätte das Gericht dann auch prüfen müssen. Innerhalb nur einer Kündigung sind die Gründe aber nicht austauschbar.
Quelle: LAG Düsseldorf, Urt. v. 24.06.2015 - 7 Sa 1243/14
(aus: Ausgabe 12/2015)
Ausgerechnet eine Rechtsanwaltskanzlei hat als Arbeitgeberin vergeblich versucht, eine Kündigung an einem Sonntag zuzustellen.
Die Mitarbeiterin einer Anwaltskanzlei befand sich noch in der Probezeit. Der letzte Tag der Probezeit fiel auf einen Sonntag. Die Kanzlei wollte sich von der Mitarbeiterin trennen und warf am Sonntag, den 30.11., das Kündigungsschreiben in den Briefkasten. Die Mitarbeiterin öffnet ihren Briefkasten aber erst am darauffolgenden Montag. Da die Probezeit an diesem Datum allerdings schon beendet war, war die Mitarbeiterin der Ansicht, dass sich die Kündigungsfrist nicht auf 14 Tage, sondern auf vier Wochen belaufen würde. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein gab ihr Recht. Denn das Kündigungsschreiben muss dem Arbeitnehmer fristgerecht zugehen. Dazu muss unter gewöhnlichen Umständen mit der Kenntnisnahme des Schreibens zu rechnen sein. Das Leeren von Briefkästen an Sonntagen gehört jedoch nicht zu diesen gewöhnlichen Umständen.
Hinweis: Ist der letzte Tag einer Kündigungsfrist ein Sonntag, sollte sich der Arbeitgeber also nicht auf eine fristgerechte Kenntnisnahme durch den Einwurf einer Kündigung in den Briefkasten verlassen.
Quelle: LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 13.10.2015 - 2 Sa 149/15
(aus: Ausgabe 12/2015)
Laut Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG) kann ein Arbeitnehmer eine Abfindung sowohl aus einem Sozialplan als auch gleichzeitig eine nach dem Kündigungsschutzgesetz erhalten.
Ein Arbeitnehmer hatte trotz des Verlusts des Arbeitsplatzes recht viel Glück. Sein Arbeitgeber hatte ihm im Kündigungsschreiben angeboten, ihm eine Abfindung in Höhe von 86.300 EUR zu zahlen, sofern er auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet. Dieser Vereinbarung stimmt der Gekündigte zu. Sodann erhielt er eine Abfindungszahlung - allerdings nicht die in der Vereinbarung genannte, sondern eine aus einem anderen Topf, und zwar aus einem Interessenausgleich mit dem Sozialplan, den der Arbeitgeber mit seinem Betriebsrat abgeschlossen hatte. Diese Abfindung strich der Arbeitnehmer zwar ein, er war jedoch der Auffassung, zusätzlich auch Anspruch auf die vereinbarten 86.300 EUR zu haben. Er klagte diesen Betrag schließlich ein.
Das LAG war tatsächlich der Auffassung, dass der Arbeitgeber die weitere Abfindung zahlen muss. Denn weder in der mit dem Arbeitnehmer getroffenen Vereinbarung noch im Interessenausgleich fand sich eine Klausel, nach der doppelte Abfindungen miteinander hätten aufgerechnet werden müssen.
Hinweis: Eine Abfindungszahlung aus dem Kündigungsschutzgesetz kann neben der aus einem Interessenausgleich und Sozialplan stehen. Der Arbeitgeber sollte daher schriftlich fixieren, dass mögliche Abfindungszahlungen gegenseitig angerechnet werden, sonst zahlt er eben doppelt.
Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 10.07.2015 - 8 Sa 531/15
(aus: Ausgabe 12/2015)
Wird ein Arbeitsverhältnis während des laufenden Kalenderjahres unterbrochen, haben Arbeitnehmer nur in ganz besonderen Fällen Anspruch auf den vollen Jahresurlaub.
Ein Arbeitnehmer kündigte sein Arbeitsverhältnis zum 30.06. Noch in der Kündigungsfrist einigten sich Arbeitgeberin und Arbeitnehmer jedoch auf ein neues Arbeitsverhältnis, das mit dem 02.07., einem Montag, beginnen sollte. Doch auch dieses Arbeitsverhältnis scheiterte und wurde bereits am 12.10. desselben Jahres aufgrund einer fristlosen Kündigung durch die Arbeitgeberin beendet. Diese war nun der Meinung, dass zwei Arbeitsverhältnisse vorgelegen hätten, da der Arbeitnehmer am 01.07. nicht in einem Arbeitsverhältnis gestanden hatte. Dies führe folglich dazu, dass dem Arbeitnehmer wesentlich weniger Urlaub zustünde, als dieser nun beanspruchte. Denn es zählen für einen Urlaubsanspruch nur volle Monate, und der volle Jahresurlaubsanspruch sei nur dann zu gewähren, wenn mindestens sechs Monate ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, das in der zweiten Jahreshälfte beendet wurde.
Schließlich musste das Bundesarbeitsgericht (BAG) entscheiden. Dieses urteilte, dass durchaus ein Anspruch auf ungekürzten Urlaub besteht, wenn das zweite Arbeitsverhältnis nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte endet, eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bereits vor Beendigung des ersten Arbeitsverhältnisses feststand und es nur für eine kurze Zeit unterbrochen war. Der Arbeitnehmer hat also Recht bekommen.
Hinweis: Das BAG sagt aber auch, dass ein Arbeitsverhältnis urlaubsrechtlich eigenständig zu behandeln ist, wenn ein neues Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber tatsächlich erst nach der Beendigung des ersten Arbeitsverhältnisses begründet wird. Genau das war hier aber nicht der Fall.
Quelle: BAG, Urt. v. 20.10.2015 - 9 AZR 224/14
(aus: Ausgabe 12/2015)
Meldet ein Arbeitgeber im Anschluss an die vollständige Gehaltszahlung Insolvenz an, ist Vorsicht geboten, denn der Insolvenzverwalter kann Gehaltszahlungen teilweise zurückfordern.
In dem Fall ging es um einen Insolvenzverwalter, der das Vermögen des Arbeitgebers verwaltete. Während des gesamten Arbeitsverhältnisses erhielt einer der Arbeitnehmer seinen Lohn über ein Bankkonto, das der Sohn des insolventen Arbeitgebers eröffnet hatte. Der Arbeitgeber hatte ferner seinen gesamten geschäftlichen Zahlungsverkehr über dieses Konto abgewickelt. Als das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, erklärte der Insolvenzverwalter die Anfechtung der letzten Gehaltszahlungen. Das ist nach der Insolvenzordnung grundsätzlich möglich, wenn eine Zahlung bis zum dritten Monat vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist, der Schuldner zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig war und der Arbeitnehmer somit keinen Anspruch auf die Leistung hatte. Schließlich klagte der Insolvenzverwalter das Geld ein, da das Geld vom Konto des Sohnes gezahlt worden war und somit kein Zahlungsanspruch bestanden habe.
Das machte das Bundesarbeitsgericht allerdings nicht mit. Die angefochtenen Entgeltzahlungen waren in Ordnung und erfolgten durch den Arbeitgeber in der bislang für das Arbeitsverhältnis üblichen Weise. Ein Dritter war an den Zahlungen nicht beteiligt, obwohl das Konto des Sohnes verwendet worden war.
Hinweis: Bei Zahlungen in den letzten Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens besteht stets die Gefahr, dass sie vom Insolvenzverwalter angefochten werden. Damit soll vermieden werden, dass der Insolvente Geld beiseiteschafft oder bestimmte Gläubiger bevorzugt. Das war hier allerdings nicht der Fall, da es sich um die übliche Verfahrensweise der Gehaltszahlungen an den Beklagten handelte.
Quelle: BAG, Urt. v. 22.10.2015 - 6 AZR 538/14
(aus: Ausgabe 12/2015)